Die Delegation, durch die eine Person einer anderen, wie es heißt, die Vollmacht erteilt, die Machtübertragung, durch die der Mandant den Mandatsträger ermächtigt, an seiner Stelle zu unterzeichnen, an seiner Stelle zu handeln, an seiner Stelle zu sprechen, ihm Prokura erteilt, da heißt die plena potientia agendi, die uneingeschränkte Vollmacht, für ihn zu handeln, ist ein komplexer Akt, der weitgehende Reflexion verdient. Bevollmächtigter – Minister, Mandatsträger, Delegierter, Sprecher, Abgeordneter Parlamentarier – ist, wer ein Mandat, einen Auftrag oder eine Vollmacht besitzt, um die Interessen einer anderen Person oder Gruppe zu repräsentieren – ein vieldeutiges Wort -, das heißt darzustellen, sichtbar zu machen, zur Geltung zu bringen. Wenn »delegieren« also bedeutet, jemanden durch Übertragung eigener Macht mit einer Funktion, einem Auftrag zu betrauen, so bleibt doch die Frage offen, wie es geschehen kann, dass der Beauftragte Macht über den gewinnt, der ihm die Macht verleiht. (Bourdieu 2013, S. 23)


Bourdieu, Pierre (2013): Politik. Erste Auflage. Hg. v. Franz Schultheis und Stephan Egger. Berlin: Suhrkamp (Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft, 2056).