Ich habe noch nie so viel Zeit in Wartezimmern verbracht. Wartezimmer sind besondere Orte. Vor allem die in Krankenhäusern und deren Ambulanzen.

Der Wartebereich in der Ambulanz der HNO-Klinik der Uniklinik. Modern, sehr blaugrau. Unaufgeregte Geschäftigkeit, viele Untersuchungszimmer. Zuweilen bittet eine Stimme über Lautsprecher Patient*innen in den Keller. Zur Audiometrie. Eine Ärztin im Praktikum folgt ihrer Assistenzärztin auf Schritt und tritt. Trägt mit Stolz den Kittel, irgendwann wird sie auch ihre Arme nicht mehr ständig vor oder hinter sich verschränken, sondern lässig in die Tasche stecken. Es werden Termine gesucht und vereinbart. Ein News-Bildschirm einer örtlichen Tageszeitung zeigt, dass es stürmisches Wetter gibt. Ein Vater beschäftigt sich liebevoll mit seinem Sohn und widerlegt wohl so manche klassistische Zuschreibung. Ich bin dran.

Man hat noch anderes mit mir vor an diesem Tag. Ein Besuch in der Angiologie. Es könne dauern. Ich habe nichts weiter vor, sage ich, froh, dass hier alles Hand in Hand läuft. Folgen Sie bitte der schwarzen Linie in den Wartebereich. Ein Übergang zwischen zwei älteren Gebäuden, Glasfront, die Stühle aufgereiht, dazwischen Grünpflanzen.

Mitwartende anzuschauen erfordert hier eine auf Dauer unangenehme Halsdrehung. Das ist gut. Hin und wieder laufen Ärzt*innen vorbei. Zwei ältere Damen unterhalten sich, zufrieden mit der Blutabnahme, die richtig gut ausgeführt worden sein muss, „und dabei war das eine ganz junge“. Die Zeit scheint hier schneller zu vergehen, vielleicht liegt es an den Raben. Oder daran, dass man den Wind hier sehr hört, der so stark weht, dass der Gang manchmal knackende Geräusche macht. Sitzen und aus dem Fenster schauen. Warten. Ich bin dran.