Der Freistaat startet eine Werbekampagne. In der Stadt thematisiert es der Rechnungsprüfer. Die Wirtschaft tut es schon länger, der Bereich Soziales und Bildung sowieso, heute tun es die freien Träger. Fachkräftemangel. Welch Euphemismus. Nennen wir das Kind doch beim Namen, die Ressource Mensch in der gewünschten Qualität steht nicht allerorten in so ausreichendem Maße zur Verfügung, wie es sich der Ressourcenbedürftige vorstellt. Die Marktverhältnisse haben sich – und da helfen Forderungen, dass „man“ hier etwas „tun müsse“ oder; noch besser; „etwas getan werden müsse“ genausowenig wie die Versprechen, mehr Stellen zu schaffen – umgedreht. Zugunsten der Ressource Mensch. Das war lange Zeit anders, so lange Zeit, dass sich die gesamte Gesellschaft daran gewöhnt hat. Ergo ist das alles hausgemachtes Elend. Geburtenzahlen, die Tatsache, dass Mensch älter, anfälliger und insgesamt hilfs- und dienstleistungsbedürftiger wird und lernfähig ist. Lernfähig insoweit, dass er natürlich das Prinzip des Marktes auch für sich verinnerlicht hat. Berufswahl ist ein Bestandteil der Suche nach dem guten Leben – was auch immer der Einzelne darunter versteht. Planwirtschaft in der Berufsorientierung und Berufsausbildung gab es, hat sich ja nicht bewährt. Ein Dilemma. Hinzu kommt, eine Entwicklung hin zum Dienstleisten lassen, die Ansprüche in der Berufswelt haben sich verändert. Es werden eben nicht weniger Arbeitskräfte benötigt. Auch wenn viele immer noch daran glauben, durch Digitalisierung spare man Personal. Das ist dummerweise zu kurz gedacht und ziemlich riskant.
Spannend nun, wenn in Zeiten zunehmenden Wahlkampfes in dafür prädestinierten Bereichen „Verdopplung des Personalschlüssels“ gefordert wird. Von einem imaginären Dritten. Dieser imaginäre Dritte soll es gleich mitbacken, dieses Mehr an Personal. Der Umkehrschluss, mittlerweile nicht mehr ganz so opportun, zu sparen (wahlweise Unterrichtsstunden oder Betreuungszeiten oder Personalschlüssel oder anderweitige Zugangskritieren) kam eben blöd an in der Öffentlichkeit. Ist auch in der Sache falsch.
Nun gibt es Werbekampagnen. Wenn nicht, werden sie gefordert. Die Jugend wird’s freuen, ihr Marktwert steigt, vorausgesetzt, sie hat Abi. (Da sind wir wieder beim Thema Bildung.) Die Jugend ist aber nicht blöd. Sie weiß sehr genau, in welchen Branchen welche Bedingungen herrschen, von welchen Berufen man halbwegs leben kann, von welchen nicht und – Achtung – welche Berufe soziale Anerkennung genießen. Das sind nicht die Altenpfleger. Das sind nicht die Erzieher. Oder gar das Unwort Verwaltungsmitarbeiter (auch wenn der öffentliche Dienst wiederum attraktiv ist wegen der gefühlten Sicherheiten).
Zum Glück und endlich – muss man sagen, gibt es die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit für Studien, die sich beispielsweise der Berufsorientierung widmen, Vorher hat es niemanden interessiert, solange genug Material auf dem Markt verfügbar war. Auch davon wird niemand gebacken und auch davon wird noch kein Problem gelöst. Aber möglicherweise beginnt das Nachdenken darüber, genauso intensiv wie bei Umweltthemen, wie nachhaltig und sorgsam gehen wir mit dem eben nicht so einfach in der gewünschten Menge nachwachsenden Rohstoff Mensch um, wie sehr leben wir da auf Verschleiß und verschleudern – uns. Dazu gehört auch, bei allen Werbekampagnen diejenigen nicht zu vergessen, die die Läden am Laufen halten, wenn viele den Laden aus Alternsgründen verlassen und die Jugend eben noch niht ausreichend da ist. Gesundheit und Motivation sind keine Selbstverständlichkeiten. Nachhaltig wirtschaften eben.
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