Eine Woche im Homeoffice. Dienstlich notwendig die Befassung mit Coronavirus, Covid-19, SARS-CoV-2, meine Filterblase in den sozialen Netzwerken hat verständlicherweise auch kein anderes Thema. Homeoffice ist nicht nur schön, noch lange nicht ist es wirklich etabliert und akzeptiert, oft gilts noch als eine Art Urlaub in Schreibtischnähe. Oder so. Mitnichten ist das so, das Abschalten funktioniert überhaupt nicht und das Hirn scheint sich mit all seiner Autonomie dagegen zu wehren und man ist dann doch irgendwie mit dem Hirn und sich alleine.

Es hätten andere Themen die Tagesordnung bestimmen sollen. Bildungsungleichheit zum Beispiel und auf einmal waren die Schulen zu. Systemrelevanz oder betriebsnotwendig – sind Bildungswissenschaftler systemrelevant oder betriebsnotwendig? Hat das eigentlich irgend einen Sinn, was man tut? Die Frage tut sich auf angesichts derer, die im Gesundheitswesen gegen Mangel und um die Gesundheit von Patienten kämpfen, diejenigen, die sich von unausgelasteten Riesenhamstern im Wettlauf um die letzte Palette Nudeln und Klopapier oder die größte Kettensäge umrennen lassen müssen. Und und und. Systemrelevant. Berechtigt zur Notbetreuung der Kinder. Aber nur, wenn beide Elternteile systemrelevante Berufe haben. So schrieb es zumindest die Allgemeinverfügung im Freistaate Sachsen vor. Völlig unvorhersehbar musste man aber feststellen – systemrelevant für die Gesellschaft ist nicht unbedingt betriebsnotwendig für die Familie. Familien entschieden sich, der Hauptverdiener geht arbeiten. Welch Überraschung. Da hatte man wohl einige Faktoren nicht mit bedacht. Nicht mitbedacht wird wohl auch, ist zumindest zu befürchten beim Homeschoolinghype, dass da nicht nur Linus, Laura und Malte mit den Eltern gemeinsam am Rechner auf der Dachterrasse fröhlich lernend beieinander sitzen, sondern dass es auch Familien gibt, Kinder gibt, deren Umfeld so gar nicht in das Idealbild unserer schönen neuen digitalen Welt passen. Und vermutlich werden, wenn irgendwann einmal wieder sowas wie Normalität eingekehrt sein wird, die Bildungsungleichheiten noch ein bisschen größer sein und wahrscheinlich nicht mehr so ganz viel Aufmerksamkeit bekommen, weil vielleicht andere Probleme größer sind. Vielleicht müssen sich dann auch die Unternehmen nicht mehr kritisch fragen lassen, warum sie Hauptschüler trotz fehlenden Nachwuchses nicht so gern einstellen, vielleicht spielt der Anteil der Schüler*innen ohne Abschluss dann nicht mehr so eine große Rolle weil wieder mehr humane Ressourcen freigesetzt wurden. Vielleicht gibt es dann auch wieder genug Sozialpädagogen auf dem Arbeitsmarkt. weil die öffentlichen Haushalte in Schieflage geraten sind. Früher mal vor langer Zeit hatte ich mal was mit kommunalen Finanzen zu tun, dank Fernstudium gerade wieder und meine Skepsis ob der vielen Versprechen, wer alles mit viel Geld gerettet werden soll, wächst zusehends. Meine Filterblase ist zuweilen verstörend weit weg von den Welten, in denen Menschen Angst vor Kurzarbeit haben, die Existenzängste haben, die von heute auf morgen nicht mehr wissen wo das Einkommen herkommen soll. Es gibt gute Argumente für alle diese Maßnahmen, aber für die Tatsache, dass es ein Szenario, wie wir es heute erleben, seit sieben Jahren gibt, wirken sie seltsam unvorbereitet und unabgestimmt. Und dank zweier Expertinnen in Sachen Statistik sensibilisiert, ärgere ich mich über die Art, wie wir momentan mit Zahlen umgehen. Eine statistische Zahl ohne eine Bezugsgrößen sagt im Grunde nichts weiter aus, als dass es sie gibt. Und das ist nun wiederum fatal.